„Roboterchirurgie hat mit KI gar nichts zu tun“

Primarius Dr. Gottfried Pfleger
Primarius Dr. Gottfried Pfleger sprach in der Radio Burgenland Sprechstunde über die innovativste OP-Technik an der Klinik Oberwart.

In der Radio Burgenland Sprechstunde sprach Primarius Dr. Gottfried Pfleger, Leiter der Abteilung für Urologie an der Klinik Oberwart, mit Moderatorin Nicole Aigner über ein Thema, das die moderne Medizin nachhaltig verändert: Roboterchirurgie. Bereits seit 2022 wird in der Klinik Oberwart mit robotergestützter Technik operiert. Seit März 2025 ist mit dem DaVinci-Single-Port ein neues, hochmodernes Roboter-System im Einsatz.

„Wir sind sehr zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen“, betont Primar Dr. Pfleger. Im Vergleich zum Vorgängermodell, dem DaVinci-Xi-Multiport (Öller hat mir das mal in GS gesagt, wir sollen Single oder Multiport sagen, das andere klingt chinesich), bringt der neue OP-Roboter vor allem Vorteile in puncto Eleganz und Minimalinvasivität: „Der neue OP-Roboter kann eigentlich das Gleiche wie der alte, nur eleganter“, so der Urologe. Während mit dem bisherigen System noch vier bis fünf Einschnitte – davon ein größerer – nötig waren, genügt beim Single-Port-Roboter in der Regel ein einziger, maximal zwei kleine Einschnitte. Einer davon wird beispielsweise auch gleich zum Entfernen der Prostata genutzt.

OP-Roboter eröffnet neue Möglichkeiten

Zum Haupteinsatzgebiet zählen derzeit im Bereich der Urologie Operationen von Prostatakarzinomen, gutartigen Prostatavergrößerungen und Nierentumoren. Doch auch andere Fachrichtungen wie die Allgemeinchirurgie, Gynäkologie oder Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde werden zukünftig vom neuen System profitieren. (Anm.: Der erste Einsatz in der HNO in der Klinik Oberwart erfolgte  im Mai 2025. Gerade in engen Operationsfeldern – wie etwa im HNO-Bereich – eröffnet der Single-Port-Roboter ganz neue chirurgische Möglichkeiten.

Für die Patient*innen bringt die neue Technologie klare Vorteile mit sich: „Die Roboterchirurgie ermöglicht ein noch exakteres Operieren“, erklärt der Experte. Durch die hochauflösende 3D-Optik erhalten Chirurg*innen ein deutlich besseres Bild vom Operationsgebiet – Strukturen sind vergrößert und klarer sichtbar. Zusätzlich lassen sich die noch feineren Instrumente flexibler und präziser bewegen als bei herkömmlichen Laparoskopien. „Die Kombination aus besserer Sicht und besser beweglichen Instrumenten führt zu einer exakteren Operation“, so Pfleger.

Wie läuft eine Operation mithilfe des OP-Roboters konkret ab?

Der bzw. die Operateur*in sitzt an einer Konsole im Operationssaal. Am OP-Tisch selbst steht eine OP-Fachkraft sowie ein weiterer Arzt oder eine Ärztin. Theoretisch wäre auch eine Fernoperation über große Distanzen möglich – so wie im Jahr 2001, als ein Chirurg in New York robotisch eine Gallenblase in Straßburg entfernte. In der Praxis ist jedoch stets eine operativ erfahrene Person vor Ort erforderlich, um im Notfall eingreifen zu können.

Auch für Primar Pfleger war die Umstellung zunächst gewöhnungsbedürftig: „Am Anfang war es natürlich ungewohnt, das Gewebe nicht zu spüren. Aber man ersetzt sehr rasch die Information, die man nicht mehr durch die Finger bekommt, durch das Auge“, schildert er. Mit zunehmender Routine – und entsprechender Vorerfahrung – gehe die Arbeit mit dem Roboter rasch in Fleisch und Blut über.

Die Kosten für robotische Operationen sind zwar höher, gleichen sich jedoch oft durch kürzere Aufenthaltsdauer, geringeren Schmerzmittelbedarf und reduzierten Blutverlust (weniger Konserven nötig) wieder aus. Zudem können viele Patient*innen schneller in den Alltag und den Beruf zurückkehren.

Im urologischen Fachgebiet wird heutzutage übrigens beinahe alles robotisch operiert. Der Experte sieht nur einen Grund, konventionell offen zu operieren, und zwar dann, wenn es sich um einen sehr großen Nierentumor (zum Beispiel 20 Zentimeter) handelt. „Dann braucht man alleine zum Bergen dieses Tumors einen Hautschnitt von 20 bis 25 Zentimetern“, betont der Spezialist.

Roboter statt Mensch?

Ob OP-Roboter künftig menschliche Chirurg*innen ersetzen könnten? „Operationen sind zu komplex, um sie rein robotisch durchzuführen. Wenn wir von einem Operationsroboter sprechen, dann ist das kein autonomes System, sondern eines, das die Bewegungen des Operateurs auf die Instrumentenspitze überträgt“, erklärt der Primar.

Sollte ein Roboter ausfallen – was bisher in Oberwart noch nie der Fall war – gibt es spezielle Schulungen. Dabei wird trainiert, wie man den Roboter bei technischen Problemen rasch abkoppeln und die Operation offen fortsetzen kann. Die Grundidee: Auch Komplikationen sollten, wenn möglich, robotisch beherrscht werden.

Ein anderer oft genannter Begriff in Zusammenhang mit neuer Technologie ist die Künstliche Intelligenz (KI). Doch hier zieht Pfleger eine klare Grenze: „Aus heutiger Sicht hat Roboterchirurgie mit KI gar nichts zu tun.“ Der Roboter trifft keine Entscheidungen – er ist ein hochpräzises Werkzeug. Die Zukunft sieht der Mediziner aber bei der Integration von Bilddaten: „Was kommen wird, sind Bildüberlagerungen. So kann ich zum Beispiel auf meinem Bildschirm CT- oder MR-Bilder einblenden und dort Strukturen erkennen, die ich im Operationsfeld selbst noch nicht sehe.“

Einen wichtigen Beitrag kann KI hingegen schon jetzt in der Radiologie leisten – etwa bei der Auswertung von MR-Befunden der Prostata. „KI kann uns in der Befundung deutlich unterstützen. Die letzte Entscheidung trifft aber immer der Arzt oder die Ärztin“, betont Pfleger