Reflux nicht auf die leichte Schulter nehmen

Primius Dr. Andrzej Sebastian Gasz
Primarius Dr. Andrzej Sebastian Gasz, Vorstand der Abteilung für Chirurgie in der Klinik Kittsee, im Gespräch mit ORF Radio Burgenland-Moderatorin Nicole Aigner zum Thema Reflux.

Es ist mehr als unangenehm und kann auch gefährliche Folgen haben, wenn es einem immer wieder sauer aufstößt: Die Rede ist von Reflux. „Der Übergang von punktuell auftretendem harmlosem Sodbrennen zu Reflux ist oft fließend. Die Diagnose hängt von der Häufigkeit und der Intensität der Beschwerden ab“, erklärt Primarius Dr. Andrzej Sebastian Gasz, Vorstand der Abteilung für Chirurgie in der Klinik Kittsee. Sodbrennen ist ein gelegentliches Brennen in der Speiseröhre, das meist nach dem Essen auftritt und durch aufsteigende Magensäure verursacht wird. Reflux (Gastroösophageale Reflux-Erkrankung, aus dem Englischen abgekürzt auch GERD genannt) liegt vor, wenn der Rückfluss der Magensäure regelmäßig auftritt und Beschwerden verursacht, welche die Lebensqualität beeinträchtigen oder zu Schäden an der Speiseröhre führen. Kurz gesagt: Wenn Sodbrennen häufig auftritt – mehrmals pro Woche – und lange dauert oder mit Komplikationen wie Entzündungen in der Speiseröhre einhergeht, spricht man von einer Refluxerkrankung.

Nicht immer harmlos

Unbehandelt kann der ständige Rückfluss von Magensäure die Speiseröhre schädigen. Wird der Reflux über eine längere Phase nicht behandelt, kann dies der Speiseröhrenschleimhaut schaden, im schlimmsten Fall kann Krebs entstehen.

Es gibt zahlreiche Risikofaktoren. „Meistens beobachten wir Refluxprobleme bei übergewichtigen Personen, in diesem Fall erhöht sich der Druck auf den Magen, wodurch Magensäure leichter in die Speiseröhre gelangt“, erklärt der Primar. Ein höheres Risiko haben auch Schwangere – einerseits aufgrund hormoneller Veränderungen, andererseits durch den Druck, den das wachsende Baby auf den Magen ausübt. Beides begünstigt die Entstehung von Reflux.

Ebenso häufiger von Reflux betroffen sind Personen mit geschwächtem Schließmuskel zwischen Magen und Speiseröhre, Personen mit Zwerchfellbruch – die veränderte anatomische Struktur erleichtert den Rückfluss von Magensäure – sowie Personen, die bestimmte Medikamente nehmen, zum Beispiel Schmerzmittel, Blutdruckmittel oder Beruhigungsmittel.

Regelmäßiger Alkohol- und/oder Koffeinkonsum sowie Rauchen erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Sodbrennen. Diese Substanzen schwächen den Schließmuskel der Speiseröhre.

Herzinfarkt oder Reflux: Wie deutet man Symptome richtig?

Bei Sodbrennen oder Reflux haben die Patient*innen meist ein brennendes Gefühl hinter dem Brustbein und sie stoßen Säure auf. Nach dem Essen oder im Liegen werden die Symptome stärker. Typische Magenschutzmedikamente lindern die Beschwerden, die häufig mit Heiserkeit, chronischem Husten oder einem bitteren Geschmack im Mund einhergehen.

„Bein einem Herzinfarkt fühlen Patienten meist einen plötzlich auftretenden Druck oder stechenden Schmerz in Brust, der in Arm, Rücken, Hals und Kiefer ausstrahlen kann. Dazu kommen Atemnot, Übelkeit und häufig Schwindel“, erklärt der Experte den Unterschied. Die Schmerzen würden durch Refluxmedikamente oder eine geänderte Körperhaltung (nicht liegen) nicht besser. Oft sei ein Herzinfarkt von starker Angst oder sogar Todesangst begleitet.

„Sollte Unsicherheit bestehen oder sollten die Symptome neu und intensiv auftreten, muss sofort ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht bzw. der Notruf gewählt werden. Ein Herzinfarkt kann lebensbedrohlich sein und darf niemals unterschätzt werden“, warnt der Primar.

Bei Reflux tritt nicht immer Sodbrennen auf. Reflux kann sich durch viele andere Symptome äußern, die oft fehlinterpretiert werden, zum Beispiel durch chronischen Husten, insbesondere nachts oder nach dem Essen. Ausgelöst werden diese Symptome durch die aufsteigende Magensäure, welche die Atemwege reizt. Durch die Reizung der Stimmbänder kann es auch zu Heiserkeit kommen bzw. die Stimme dauerhaft belegt klingen.

Der Ursache auf der Spur

Es gibt verschiedene Arten der Diagnosestellung. Zur häufigsten zählt die Anamnese, das bedeutet, dass der Arzt oder die Ärztin, nach den Symptomen und deren Häufigkeit und den Auslösern fragt. Zudem bietet eine (endoskopische) Magenspiegelung die Möglichkeit einer gründlichen Untersuchung des Bauchraumes. „Dabei werden mit einem flexiblen Schlauch samt Kamera Speiseröhre und Magen untersucht“, führt Primarius Dr. Gasz aus. So können Entzündungen, Geschwüre oder andere Schäden durch Magensäure sichtbar gemacht werden. Unabhängig davon gibt es ganz spezifische Untersuchungen, z.B. die pH-Metrie. Dabei wird ein kleiner Sensor in der Speiseröhre platziert. Der Säuregehalt wird über 24 Stunden gemessen. Die Ergebnisse helfen dabei zu definieren, ob der Reflux stark, leicht bzw. überhaupt vorhanden ist.

Mit Hilfe der sogenannten Manometrie wird der Druck in der Speiseröhre und des unteren Schließmuskels gemessen. So kann festgestellt werden, ob dieser Muskel richtig funktioniert und den Rückfluss verhindert. Dazu kommen radiologische Untersuchungen, z.B. Kontrastmittelschluckuntersuchung. Dabei müssen Patient*innen ein Kontrastmittel schlucken, währenddessen werden Röntgenaufnahmen durchgeführt. Das Röntgenbild zeigt, wie schnell das Kontrastmittel vom Mund bis zum Magen braucht.

Mit einer Computertomografie kann man mögliche strukturelle anatomische Probleme, wie etwa einen Zwerchfellbruch, sichtbar machen.

Hausmittel, die Abhilfe schaffen

Sollten die Beschwerden noch nicht sehr ausgeprägt sein, gibt es verschiedene Hausmittel und rezeptfreie Medikamente, die helfen können. Ingwertee oder Ingwerkapseln sowie Kamillentee beruhigen den Magen und helfen dabei, die Symptome zu lindern. Aloe Vera-Saft beruhigt die Schleimhaut der Speiseröhre und kann bei der Heilung unterstützend wirken. Apfelessig stabilisiert, obwohl er sauer ist, den pH-Wert im Magen und fördert die Verdauung. Auch Bananen wirken beruhigend auf die Schleimhaut des Magens.

Behandlung mit Medikamenten

Die medikamentöse Behandlung von Reflux-Erkrankungen hat sich in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt. Es gibt mehrere Medikamente, die je nach Schweregrad und Art der Beschwerden eingesetzt werden. Am häufigsten sind Magenschutztabletten. „Hier gibt es mehrere Subgruppen und Medikamente, die relativ effektiv sind und gut wirken. Dazu kommen Antazida, welche die Magensäure neutralisieren. Sie wirken leider sehr kurz, deshalb werden sie heute selten verwendet“, so der Primar. Zusätzlich gibt es eine Gruppe von Medikamenten, die die Magen- und Darmfunktion aktiviert. Sie hätten leider viele Nebenwirkungen und würden nur über kürzere Zeiträume eingesetzt.

Wann muss operiert werden?

Schaffen andere Behandlungsmöglichkeiten, wie die medikamentöse Therapie sowie Änderungen des Lebensstils, keine ausreichende Linderung, dann erfolgt eine Operation. Die häufigste operative Methode bei Reflux ist die Fundoplikatio. „Dabei wird der obere Teil des Magens um den unteren Teil der Speiseröhre gewickelt, um den Schließmuskel zu stärken und den Reflux zu verhindern“, erklärt der Chirurg.

Weitere Indikationen für eine Operation sind Medikationsresistenz, d.h. konservative Therapien zeigen keinerlei Wirkung, schwere Refluxbeschwerden mit Geschwüren und/oder Barrett-Ösophagus, also Anzeichen einer Präkrebsphase, eine Phase, in der Patient*innen bereits krebsartige Veränderungen haben.

Operiert wird auch bei wiederkehrenden oder chronischen Beschwerden trotz konservativer Therapie und bei Patient*innen mit Zwerchfellbruch, wenn der Rückfluss durch eine Zwerchfellhernie verursacht wird und andere Behandlungsmethoden nicht ausreichen bzw. wenn Antirefluxmedikamente prinzipiell abgelehnt werden. Auch die Kombination von Reflux mit anderen Erkrankungen, z.B. mit Asthma oder Zahnschäden, kann Operationen notwendig machen.

Abnehmen, Bewegung, leichter essen

Die Ernährung hat großen Einfluss auf Refluxbeschwerden. Scharfe, fettige und säurehaltige Speisen (z. B. Tomaten) sollten gemieden werden, da sie den Magen reizen können. Statt großer Mahlzeiten sind kleine Portionen empfehlenswert, um den Druck auf den Magen gering zu halten. Spätes Essen sollte vermieden werden – mindestens zwei bis drei Stunden vor dem Schlafengehen essen, um nächtlichen Rückfluss zu verhindern.

Weitere wichtige Maßnahmen:

  • Gewichtskontrolle: Übergewicht erhöht das Refluxrisiko
  • Verzicht auf: Rauchen, Alkohol, Koffein
  • Stress reduzieren und regelmäßig bewegen

Einfache Alltagstipps:

  • Nach dem Essen einen Spaziergang machen (10–15 Minuten)
  • Langsam essen, gut kauen, kleinere Portionen bevorzugen
  • Kein Mittagsschlaf oder Hinlegen direkt nach dem Essen
  • Ballaststoffreiche, gemüsebetonte Ernährung
  • Fettige und stark gewürzte Speisen meiden

Diese Maßnahmen helfen, die Beschwerden zu lindern und den Reflux langfristig zu kontrollieren.