Was tun bei einem Notfall? Wann muss ich ins Krankenhaus? Wann sind Hausärzt*innen die ersten Ansprechpartner? Diese Fragen bewegen die Patient*innen im Burgenland. Veronika Matzi bietet hier wichtige Hilfestellungen an.
Ein heikles Thema
Seit der Corona-Pandemie hat der Begriff „Triage“ einen negativen Beigeschmack bekommen. In der Medizin ist die Triage aber nichts Neues – sie wird bei Notfällen oder Unfällen mit mehreren Beteiligten immer angewandt. Als Triage bezeichnet man in der Medizin die Methodik, den Schweregrad einer Erkrankung oder Verletzung innerhalb kurzer Zeit zu erkennen und mittels Kategorisierung eine Einstufung der Behandlungsdringlichkeit vorzunehmen. Matzi: „Ohne Triage wird vielleicht ein Patient, der nicht schwer verletzt ist, vorgezogen, und ein anderer bekommt seine Behandlung zu spät.“
Dennoch ist die Patientenlenkung ein hochpolitisches Thema und in aller Munde. „Unser Wunsch ist es, dass sich alle Patientinnen und Patienten wohlfühlen, dass sie – möglichst zu jeder Zeit – die schnellstmögliche und beste Behandlung bekommen. Aber in den vergangenen Jahren ist das Gesundheitssystem in mehreren Bereichen immer wieder an seine Grenzen gestoßen“, weiß Matzi.
Wartezeit richtet sich nach Schweregrad
In der Notaufnahme der Klinik Oberwart werden Patient*innen nach einem Ampelsystem kategorisiert. Wer mit einem akuteren Problem kommt, braucht eine raschere Behandlung und wird vorgezogen. Jene mit leichteren Problemen müssen dadurch länger warten. „Das ist ganz wichtig, dass die Patientinnen und Patienten das wissen, weil es sonst Ärger hervorruft. Wir versuchen auf unseren Bildschirmen in den Wartebereichen darauf aufmerksam zu machen“, klärt die Oberärztin auf.
Um Wartezeiten auch im ambulanten Setting zu verkürzen, helfen Bücher oder das Handy. Auch Angehörige oder Freunde können die Wartezeiten mit Gesprächen angenehmer gestalten und zusätzlich Hilfestellung bei Problemen geben. Etwas zu essen und zu trinken dabeizuhaben, ist ebenfalls ratsam.
Ist es ein Notfall?
Ganz wichtig ist zu erkennen: Was ist ein Notfall? Wenn man akut und rasch Hilfe braucht, z.B. bei einer plötzlich auftretenden Lähmung, einem massiven Schmerz, der sich nicht beherrschen lässt, einer Verletzung mit einer starken Blutung oder einem Schlaganfall, handelt es sich um einen Notfall. Dann heißt es: 144 – die Rettung rufen.
Wenn man nicht sicher ist: Zuerst die Hotline 1450 kontaktieren, dort sitzen Expert*innen, die die Patient*innen mit einem Fragenkatalog anhand der Vorgeschichte und der Symptome richtig anleiten.
„Notfallmappe“ als Vorbereitung
Wer in einer unklaren Situation oder einer Notsituation ist, wird möglicherweise hektisch oder panisch. Hier empfiehlt es sich, vorab Notizen zu machen oder Abläufe zu notieren, auf die man im Fall der Fälle zurückgreifen kann. Das kann auch eine Art „Notfallmappe“ sein, in der die jüngsten Befunde enthalten sind, die aktuelle Medikation, Notfallkontakte innerhalb der Familie usw. Auch via Handy gibt es Möglichkeiten, diese Daten in der Notaufnahme zur Verfügung zu stellen.
Ein zusätzliches Problem in letzter Zeit: „Die Menschen haben teilweise verlernt, sich selbst zu vertrauen oder in sich hineinzuhorchen und zu fragen: Was kann ich jetzt machen? Heute wird ‚Dr. Google‘ gefragt, der spuckt die schlimmsten Diagnosen aus und die Leute haben Angst. Die Pandemie hat die Ängste zusätzlich verschärft. Aber auch hier kann ein Anruf bei 1450 für Klarheit sorgen“, so Matzi.
Vom Erstkontakt bis zur Nachsorge
Was trägt dazu bei, dass sich Patient*innen vor, während und nach der Behandlung gut und sicher fühlen? Matzi: „Das Wichtigste aus meiner Sicht ist eine gute Kommunikation, auf verschiedenen Ebenen. Patientinnen und Patienten müssen vom Erstkontakt bis zu dem Moment, wo sie wieder nach Hause können, in das, was passiert, gut eingebunden sein. Es braucht eine gute Kommunikation mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, was Kontrollen oder weitere Untersuchungen betrifft. Auch hausintern muss bei den Übergaben alles passen. Wenn das Vertrauen untereinander da ist, kann man auch Probleme leichter gemeinsam lösen.“
Wertschätzender Umgang ist die Basis dafür. Manchmal reagieren Patientinnen und Patienten aber fordernder oder aggressiver als früher. Trifft diese Stimmung auf Personal, das am Rande der Belastbarkeit arbeitet, ist Unzufriedenheit vorprogrammiert. „Umso wichtiger ist die Patientenlenkung oder die Aufklärung über Abläufe und Rahmenbedingungen. Viele wissen gar nicht, wofür ein Krankenhaus eigentlich gedacht ist, welche Leistungen hier abgedeckt werden und welche nicht. In der Notaufnahme sind manchmal zwei Drittel der Patientinnen und Patienten mit Beschwerden dort, die nicht in die Notaufnahme gehören. Und die Hälfte davon bräuchte sogar nicht einmal einen Arzt“, sagt die Oberärztin. Hier entstehen unnötige Kosten, die eingespart werden könnten, ohne, dass den Menschen etwas „weggenommen“ wird.
Verantwortung: Früh übt sich …
Veronika Matzi würde bei der Sensibilisierung schon in der Volksschule beginnen: „Aus meiner Sicht wäre es wichtig, ein Fach einzuführen, das ‚Gesundheitslehre‘ oder so ähnlich heißt – denn die Kinder müssen lernen: Welches gesundheitliche Problem ist wirklich schlimm? Was sind kleine Wehwehchen? Welche Medikamente sollte man immer zu Hause haben? Zu uns kommen Menschen und sagen, sie haben Fieber. Dann misst man und sie haben 37,1. Das ist kein Fieber. Aber man merkt, dass Patientinnen und Patienten ängstlicher und unsicherer geworden sind. Deshalb müssen wir wieder mehr Wissen über die eigene Gesundheit in die Bevölkerung bringen.“
„Ich bin für meine Gesundheit verantwortlich“ wäre ein guter Leitsatz. Viele Menschen haben ihn aber scheinbar vergessen. Sie glauben, dass der Arzt, der Staat oder das Krankenhaus dafür verantwortlich ist. Jeder kann selbst etwas für seine Gesundheit tun, etwa durch Prävention, eine gesunde Lebensweise oder Bewegung. Matzi: „Wir nutzten zum Beispiel auch die Bildschirme in den Wartezonen, um Tipps für die eigene Gesundheit zu geben. Oder Hinweise, mit welchen Beschwerden man ins Krankenhaus muss und mit welchen nicht.“